Sektion Ruegsau

Vernehmlassung

Totalrevision des Gesetzes über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht (KBüG)

05.10.2016

 Die SVP begrüsst die vorliegende Revision grundsätzlich. Für die SVP sind im Einbürgerungsgesetz zwei Bereiche zentral: Zum einen, dass im etablierten dreistufigen Einbürgerungsverfahren den Gemeinden wie bisher ein grosser Ermessensspielraum bei der Erteilung des Gemeindebürgerrechts zukommt. Zum anderen, dass die vom Volk angenommene Initiative „Keine Einbürgerung von Verbrechern und Sozialhilfeempfängern“ ohne Abstriche umgesetzt wird. Die Regierung hat zwar umgehend die Umsetzung der angenommenen Bestimmungen an die Hand genommen. Allerdings bestehen auch im nun vorliegenden Gesetz Einschränkungen, welche die Regierung mit nicht weiter begründeten Verweisen unter anderem auf das Verhältnismässigkeitsprinzip machen will. Dies lehnt die SVP ab. Das Verdikt in der Abstimmung war klar. Kriminelle und Sozialhilfebezüger sollen nicht eingebürgert werden. Dies ist so umzusetzen.

Zu einzelnen Artikeln:

Art. 3:

Nach Auffassung der SVP wäre es zweckmässig, den Gemeinden bei Zusammenschlüssen die Regelungskompetenz zu überlassen, ob eine Weiterführung des bisherigen Gemeindenamens in Klammern neben dem neuen Gemeindenamen möglich sein soll. Bejahen die Gemeinden bei einer Fusion eine solche Möglichkeit, kann eine betroffene Person dies – insoweit entsprechend der Vernehmlassungsvorlage – dann auch beantragen.

Art. 8 Abs. 2:

Es ist klarzustellen, dass die Festlegung weitergehender Voraussetzungen sowohl durch Erlass als auch durch bestehende Praxis in Gemeinden möglich ist.

Art. 10 Abs. 1 Bst. c:

Aus Sicht der SVP entspricht es nicht dem Abstimmungsbeschluss, das Einbürgerungshindernis der früher bezogenen und nicht zurückbezahlten Sozialleistungen auf Hilfeleistungen innert der letzten 10 Jahre zu begrenzen. Weder das Verhältnismässigkeitsprinzip noch Art. 45 Abs. 1 SHG geben zu einer solchen Begrenzung Anlass. Im Rahmen der Einbürgerung können und sollen höhere Voraussetzungen gelten, da die damit erworbenen Mitbestimmungsrechte umfassend sind. Die wörtliche Umsetzung der Volksinitiative „Keine Einbürgerung von Verbrechern und Sozialhilfeempfängern“ legt nahe, auf eine Begrenzung von zurückliegenden, nicht zurückbezahlten Sozialleistungen überhaupt zu verzichten. Sollte die Regierung an einer Frist zur Begrenzung des Einbürgerungshindernisses unbedingt festhalten wollen, ist in Anlehnung an Art. 149a SchKG eine 20-Jahresfrist zu wählen.

Art. 10 Abs. 1 Bst. d:

Die SVP begrüsst, dass in Anlehnung an Art. 7 Abs. 3 Bst. c KV explizit gute Sprachkenntnisse in Wort und Schrift verlangt werden. Gemäss bisherigem Recht (Art. 11 Abs. 1 Bst. e EBüV) reicht aber im schriftlichen Bereich bereits das Niveau A2, was nur ausreichende Kenntnisse bedeutet, nur im Mündlichen soll B1 verlangt werden. Gemäss Vortrag will der Regierungsrat an der bisherigen Praxis festhalten und es den Gemeinden überlassen, ob auch schriftlich ein höheres Sprachniveau verlangt wird. Angesichts der Tatsache, dass die künftigen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit einem Niveau von A2 nicht in der Lage wären, Abstimmungsunterlagen zu verstehen, ist hier eine Korrektur angezeigt. Mindestens im Vortrag ist klarzustellen, dass mit guten Sprachkenntnissen sowohl in Wort und Schrift jeweils das Niveau B1 verlangt ist und dies in der Verordnung so vorgesehen wird.

Art. 10 Abs. 1 Ergänzung

Die SVP schlägt vor, das Kriterium der „wirtschaftlichen Eigenständigkeit“ explizit ins KBüG als neue lit. aufzunehmen. Heute wird dieses Kriterium von Gemeinden z.T. bereits angewandt. Es besagt, dass Gesuchsteller – über die Frage des Sozialhilfebezugs hinaus – hinreichend Gewähr bieten müssen, heute und in Zukunft wirtschaftlich eigenständig zu sein (ob als Einzelperson oder im Gefüge einer Familie). Abzuweisen wären gestützt auf dieses Kriterium demnach regelmässig Gesuche im Fall von ungeregelten Schulden (nicht nur bei Betreibungen) sowie bei fehlendem Nachweis eines geregelten Einkommens. Ist unklar, ob eine Person künftig wirtschaftlich eigenständig ist, bietet die explizite Verankerung der wirtschaftlichen Eigenständigkeit als Einbürgerungsvoraussetzung eine hinreichende gesetzliche Grundlage für eine Einstellung (bzw. Abweisung bei Nichteinverständnis des Gesuchstellers zur Einstellung).

Art. 10 Abs. 2:

Soweit sich aus den Grundrechtsgarantien (insb. Art. 8 Abs. 2 BV) ein Anspruch auf eine differenzierte Handhabung der Kriterien ergibt (konkret im Fall einer Behinderung), braucht es eine Wiederholung dieser Vorgabe im bernischen Recht nicht. Abs. 2 belässt es zudem nicht bei einer Wiedergabe der sich aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ergebenden Vorgaben zur differenzierten Handhabung der Kriterien im Fall der Behinderung. Vielmehr erwähnt die Bestimmung ganz pauschal Tatbestände wie „Krankheit“ oder „andere gewichtige persönliche Umstände“, aus denen sich ein Anspruch auf grosszügigere Handhabung der Einbürgerungskriterien ergeben soll. Für ein solch grosszügiges Verständnis zur Abweichung von klaren gesetzlichen Mindestvorgaben besteht auch bundesrechtlich betrachtet weder Anlass noch Rechtfertigung. Hier wird ein Einfallstor geschaffen, die Mindestanforderungen der Verfassung zu umgehen und das Bürgerrecht allzu grosszügig zu erteilen. Der Absatz oder mindestens der Zusatz „oder aus anderen gewichtigen persönlichen Umständen“ sind daher zu streichen.

Art. 12:

Die SVP begrüsst, dass neu auf den amtlichen Strafregisterauszug abgestellt wird. Die Beifügung „nach Massgabe der Vorgaben des Bundes“ ist aber missverständlich. Wer im Strafregister wegen eines Verbrechens oder Vergehens eingetragen ist, soll nach hier vertretener Auffassung ganz grundsätzlich nicht eingebürgert werden, zumindest muss das Gesagte ohne irgendeine Einschränkung im Fall von Widerhandlungen i.S.v. Art. 7 Abs. 3 Bst. a KV gelten. Die SVP erachtet zudem den Begriff „angemessen“ in Abs. 2 als unnötig abschwächend. Überdies empfiehlt die SVP, gesetzlich eine Auskunftspflicht aller Gesuchsteller zu ihrem strafrechtlichen Leumund zu verankern. Diese Auskunft bezieht sich dann auch und gerade auf Verurteilungen, die nicht im VOSTRA erwähnt sind. Stellt sich später (allenfalls auch nach Erteilung der Einbürgerung) heraus, dass ein Gesuchsteller unwahre Angaben gemacht hat, besteht jedenfalls bei Verheimlichung von Verbrechen und schweren Vergehen eine Grundlage für eine Nichtigerklärung der Einbürgerung gemäss Art. 36 E-BüG oder – bei versuchter Erschleichung – für einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung (E-Art. 63 Abs. 1 Bst. d AuG).

Art. 21:

Die Behörden, namentlich die Gemeinden mit beschränkten Ressourcen, sind bei der Informationsbeschaffung auf die Mitwirkung aller angewiesen. Nicht ohne weiteres einleuchtend ist vor diesem Hintergrund, weshalb auf eine allgemeine Meldeermächtigung von anderen Behörden an die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Personen „bewusst verzichtet“ worden ist (Vortrag revKBüG, S. 15). Dies ist erneut zu prüfen.

Weiteres:

Die SVP schlägt vor, im KBüG zu verankern, dass ein Gesuch maximal zweimal und dies für eine kumulierte Maximaldauer von 5 Jahren zurückgestellt werden kann. Die heutige Regelung in Art. 8 Abs. 3 EBüV, wonach nur eine einmalige Rückstellung von max. 2 Jahren zulässig ist, hat sich als ungenügend erwiesen. Sie führt dazu, dass nach der ersten Rückstellung bei nach wie vor unsicheren Verhältnissen im Zweifelsfall eingebürgert wird.